Stadt Potential - Bern als Kunststadt

Erschienen als Kolumne in der Berner Kulturagenda 2022, Text: Till Könneker

Mich interessiert die Zukunft mehr als die Vergangenheit, das Potential mehr als die Versäumnisse von gestern. Doch das was war, zeigt immer auch was heute möglich wäre. So blicke ich zum Beispiel auf die ausklingenden 60er Jahre, als Harald Szeeman gross und wild dachte, als dieses kleine Stadtidyll ein Kunstlabor von internationaler Bedeutung war. Christo & Jean-Claude verpackten die Kunsthalle, Beuys bespielte sie, Lischetti betrieb ​​das «Laboratorium für angewandte Umweltgestaltung». 

Die von Christo und Jeanne-Claude verhüllte Kunsthalle im Jahr 1968. 
(Bild: The Getty Research Institute, Photo: Balthasar Burkhard. © Christo)
Die Kunsthalle unter Harald Szeeman. 
(Bild: Photopress-Archiv / Keystone)


Wo stehen wir heute als Kunststadt? Fehlt es uns an Selbstbewusstsein? War die Szene offener? Vielleicht waren es ja gerade die vielen Missstände, welche die Kunst damals so dringlich machte. Ich glaube, es sind immer auch die Impulse von aussen die lokale Kunst beleben.

Mich interessiert das, was werden könnte, was Kunst in Bezug auf die Lebensqualität in einer Stadt leisten kann, wenn sie auf fruchtbaren Boden fällt. 

So entstand die Idee, das Amt für Ermöglichung zu gründen, denn wir müssen zuerst die Bedingungen für Kunst und Kultur verbessern, bevor wir immer neue Projekte entwickeln. Also Raum schaffen, Austausch fördern und unbürokratische Unterstützung bieten.

Kulturelle Bildung ist für eine gesunde Gesellschaft essentiell. Es ist wichtig, dass wir uns selbst, aber auch die Stadt, in der wir leben, immer neu wahrnehmen und hinterfragen. Auch wenn der Finger, den sie auf empfindliche Wunden legt, manchmal schmerzt, vermag Kunst auch zu heilen.

Hier hat Bern die Gelegenheit, die Probleme und Herausforderungen der Stadt auch in Zusammenarbeit mit Kunstschaffenden anzugehen. Ihr ungewohnter Blick kann helfen, Orte zu verändern, Neues zu planen und vergangene Missstände zumindest in einen verständlichen Kontext zu bringen.  

Kunst hat schon immer Orte belebt und verändert, meist autonom, selten auf Augenhöhe und mit angemessener Unterstützung. Allzu oft führte dieser Prozess zu Gentrifizierung und damit zu sozialem und kulturellem Ungleichgewicht.  

Wie also erreichen wir eine gesunde, neue Struktur des Dialogs? Es fängt wohl damit an, Kunstschaffende und ihr Tun nicht als Bittsteller und Nutzniesser öffentlicher Gelder zu sehen, sondern als entscheidend für gesellschaftliche Bildung, als Chance für eine zukunftsfähige und selbstbewusste Stadt.

Bern als Kunststadt? Der Meret-Oppenheim-Brunnen bei seiner Einweihung. KEYSTONE / STR
Meret Oppenheim am 25. November 1983 in Bern anlässlich der Enthüllung des Brunnens. KEYSTONE / STR
Weiter
Weiter

«Work with professionals»